Demo zum IDAHOBIT

Am 17. Mai 1990, vor genau 33 Jahren, wurde Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel ICD-10 der WHO gestrichen. Seitdem gilt sie offiziell nicht mehr als Krankheit. Deswegen haben wir zusammen mit dem AK Queer am Neupfarrplatz eine Kundgebung zum mittlerweile internationalen Tag gegen Homo- Bi- Inter- und Transphobie veranstaltet.
Durch mehrere ausdrucksstarke Reden zu unterschiedlichen Facetten des Themas und viel Musik wollten wir an diesem Tag sichtbar und präsent sein und auf die Problematiken, mit denen queere Menschen tagtäglich konfrontiert sind, aufmerksam machen. Dazu haben wir drei Fragen auf Plakate geschrieben und diese von Teilnehmenden der Kundgebung aber auch interessierten Passant*innen beantworten lassen:

Welche Sätze/Ausdrücke können verletzend/triggernd für dich sein?
Wurdest du schonmal aufgrund deines Geschlechts oder Sexualität diskriminiert ?
Was würdest du dir von deinen Mitmenschen wünschen?

Vielleicht fragen sich einige, warum wir eigentlich noch einen Tag der Sichtbarkeit brauchen wenn queere Menschen doch scheinbar sowieso überall ein Thema sind und wir in einer so aufgeklärten Gesellschaft leben?
Hier ein paar Fakten: In 69 Staaten wird Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt, in 11 Ländern droht sogar die Todesstrafe für Lesben und Schwule.
Dort werden queere Menschen für nichts als die Auslebung ihrer Sexualität ermordet.
In vielen Ländern verweigern staatliche Behörden und deren Exekutiven nicht nur jeglichen Schutz vor Anfeindungen und Gewalt, sondern sind direkte Akteure der Unterdrückung von queeren Menschen.
Im Kampf um Gleichberechtigung setzten sich mit der Zeit die eher bürgerlichen Gruppierungen durch, die eine Politik verfolgen, die auf individuelle Rechte zielt. Anstatt Gesellschaft, Familie und intime Beziehungen komplett neu zu konzipieren,wurden queere Menschen mit kleinen Gesetzesänderungen ins patriarchale System integriert, sodass sich queere Politik immer mehr abkoppelt von etwa Antirassismus, Geschlechter- und sozialer Gerechtigkeit. Sexualität wurde zur Privatsache erklärt, sie war nicht länger ein Katalysator für umfassenden sozialen Wandel.

Doch genau das ist es, was wir so unbedingt brauchen, eine Gesellschaft, in der Geschlecht und Sexualität nicht mehr hierarchisiert und stigmatisiert werden. Eine Gesellschaft, in der Menschen ihre sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität frei und ohne Angst leben können.
Ohne Zweifel ist es wichtig, für gesetzliche Gleichstellung und Gleichbehandlung, wie etwa das Recht auf Namensänderungen oder Adoption zu kämpfen. Es müssen mehr psychotherapeutische Angebote speziell für Trans Menschen geschaffen werden, um sie beispielsweise nach Gewalterfahrungen, Diskriminierung und bei geschlechtsangleichenden Maßnahmen zu unterstützen. Ebenso müssen medizinische Fachkräfte für queere Themen sensibilisiert und aufgeklärt werden, um fachgerechte Behandlungen gewährleisten zu können.
Die Individualpolitik, die auf rechtliche Gleichstellung und Antidiskriminierungsmaßnahmen abzielt, führt aber dazu, dass wir uns auf oberflächliche Veränderungen konzentrieren, während die tieferen sozialen und wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten des Kapitalismus weiterhin bestehen bleiben. Wir müssen uns bewusst machen, dass die Unterdrückung von queeren Menschen nicht allein durch die Gewährleistung von individuellen Rechten überwunden werden kann.
Das heißt aber auch, dass wir es uns nicht leisten können, queere Kämpfe getrennt von anderen sozialen Kämpfen zu führen. Nur wenn wir uns solidarisch zusammenschließen und gemeinsam für eine gerechtere Welt kämpfen, die frei von Sexismus, Rassismus und Queerfeindlichkeit ist können wir einen echten Wandel erreichen.
Der 17. Mai ist ein Tag des Gedenkens, des Widerstands und des Kampfes. Um diese Gesellschaft umzustrukturieren, müssen wir eine starke und solidarische Bewegung aufbauen, die echte Veränderungen bewirken kann. Die Befreiung von queeren Menschen kann nicht allein durch Reformen innerhalb des kapitalistischen Systems erreicht werden.
Also vernetzt und verbindet euch mit lokalen queeren Gruppen und Angeboten, informiert euch über Unterstützungsmöglichkeiten und solidarisiert euch mit der LGBTQIA+ Community, aber verbindet auch eure eigenen Anliegen und Kämpfe und baut mit uns zusammen eine Gegenbewegung zu diesem System auf!